Die Fundaziun Nairs, das Schloss Tarasp, das Muzeum Susch: Seit der Jahrtausendwende verdichtet sich im Unterengadin mit bemerkenswerter Geschwindigkeit das Netz aus neuen Kunsthäusern und Ausstellungsräumen. Begünstigt durch den Bau des Vereina-Tunnels, der den Zugang zum Tal vereinfacht, ziehen nun auch Dörfer wie Sent zahlreiche kunstaffine Gäste an.
Noch vor 150 Jahren schien das Dorf weit entfernt vom Kunsttourismus. Sozialer Treffpunkt war das 1865 erbaute «Hotel Rezia» mit seinem prominenten Tanzsaal, das von der musikalischen Dorfbewohnerschaft initiiert und von einigen «Randulins» finanziert worden war. Im Laufe der Zeit wurde das Gasthaus etliche Male umgebaut: Die für das Haus charakteristischen Holzvorbauten an der West- und Südfassade stammen beispielsweise aus einem Umbau im frühen 20. Jahrhundert. 2011 übernahm Kunstsammler Carlos Gross das Hotel, wodurch es den Namen «Pensiun Aldier», eine zeitgemässe Innenausstattung und neue Ausstellungsräume für das «Alberto-Giacometti-Museum» im Kellergeschoss erhielt. Dort präsentiert der Hotelier seine beeindruckende, über Jahre zusammengetragene Privatsammlung von Radierungen und Lithografien Giacomettis.
In den Gemeinschaftsräumen lassen sich signierte Fotografien von Ernst Scheidegger betrachten und in den Gästezimmern hängen Drucke von weiteren namhaften Künstlern des 20. Jahrhunderts. Damit erfüllte sich Gross den lang gehegten Wunsch, ein offenes Haus für seine Kunstsammlung zu haben und diesen Genuss mit Gästen zu teilen.
Zu den einzigartigen Sammlungen im Haus gesellt sich die sorgfältig kuratierte Bibliothek im ehemaligen Tanzsaal. In bequemen Ledersofas können sich die Gäste Bücher über Fotografie, Kunst und Architektur zu Gemüte führen.
Nomen est omen: In dem neuen Namen «Pensiun Aldier» stecken die Anfangsbuchstaben der Bergeller Brüder Alberto und Diego Giacometti und des Fotografen Ernst Scheidegger – jener Künstler, denen dieses Hotel gewidmet ist.
Natalie Schärer, Schweizer Heimatschutz