Palazzo Salis: Zu Besuch bei der Familie von Salis

Die Familie von Salis hat über Jahrhunderte hinweg grossen Einfluss auf die Geschicke und die Geschichte des Bündnerlandes ausgeübt. Ihren Wohlstand und ihre Macht machten sie mit dem Bau und Erwerb von Schlössern, Burgen und Palästen deutlich – nicht wenige zählen heute zu den Höhepunkten der Bündner Denkmallandschaft.

In einigen der stattlichen Herrenhäuser, etwa dem Alten Gebäu in Chur, dem Schloss Haldenstein und der Chesa Planta in Samedan sind heute öffentliche Institutionen untergebracht. Andere befinden sich noch immer im Besitz der weitverzweigten Familie und können zu besonderen Gelegenheiten besichtigt werden. Wer als Gast tiefer in die gelebte Familiengeschichte eintauchen will, dem sei eine Einkehr mit Übernachtung im Palazzo Salis in Soglio empfohlen.

Das mächtige Haus am oberen Dorfrand wurde um 1630 auf mittelalterlichen Grundmauern erbaut. Baptist von Salis liess es 1701 zu seiner heutigen Grösse ausbauen und vermutlich auch den Garten anlegen. 1789, im Jahr der Französischen Revolution, sorgte Friederich von Salis für die letzten grossen Eingriffe in die Bausubstanz: Die barocke Neugestaltung der Fassade mit der hervorgehobenen Mittelachse und die Neuordnung der Innenräume.

Die Familie von Salis erkannte den wachsenden Güter- und Reiseverkehr aus Italien ins Engadin als Möglichkeit des Geldverdienstes und verwandelte das stolze Herrenhaus 1867 in eine Herberge – und ist bis heute Eigentümerin geblieben. Im Dorf weit oben über dem Tal gelegen etablierte es sich allerdings nicht als Transithotel, sondern als Ort der Einkehr und der Reflexion, wo seither zahlreiche Kulturschaffende ein- und ausgegangen sind.

Man muss aber nicht Rainer Maria Rilke heissen, um das geschichtsträchtige Haus mit seinen Ritterrüstungen, ausgestopften Tieren, reich verzierten Innenräumen und wunderbaren Holzarbeiten erleben zu dürfen: Auch Normalsterbliche, die in dieses reiche Panoptikum eintauchen möchten, sind herzlich willkommen.
 

Patrick Schoeck-Ritschard, Leiter Baukultur Schweizer Heimatschutz